Geschichtlicher Abriss

Unser Heimatort Schwepnitz und seine Umgebung sind uraltes Siedlungsgebiet.

Obwohl erst 1343 in der Meißner Bistumsmatrikel erwähnt, ist seine Geschichte viel älter.
Ein Münzfund (1985) aus dem ersten und zweiten Jahrhundert unserer Zeitrechnung in unmittelbarer Nähe des Ortes belegt, dass die Gegend vor den Slawen schon durch die Germanen besiedelt war.

Schwepnitz gehörte im 13. Jahrhundert mit weiteren 60 Dörfern im Gebiet zwischen der Pulsnitz im Westen, dem Klosterwasser im Osten und angrenzend an die Herrschaften Ruhland und Hoyerswerda im Norden den Herren von Kamenz, bis die Gebrüder Knobloch das halbe Rittergut samt Gasthof im Jahre 1541 an die Burggrafen von Dohna auf Königsbrück verkauften.

Schwepnitz war damals ein Platzdorf, das Kamenzer Dorftor war auf dem Grundstück Nr. 12b, heute Am Gattertor Nr. 6, und das Königsbrücker Tor im Grundstück Nr. 20, heute Am Ring 11. Schwepnitz hatte um 1560 noch weniger als 100 Einwohner, die sich hauptsächlich mit der Landwirtschaft beschäftigten.
Die Höfe der elf zinspflichtigen Bauern gruppierten sich um den alten Dorfring.
Die Anordnung ist ja heute noch gut zu erkennen.
Der alte Herrensitz derer von Knobloch war nicht, wie mancher vielleicht annimmt, das Schloss, sondern das Gebäude daneben, das Gutshaus, ehemals Hoyerswerdaer Straße 11. Das Gbäude ist jedoch abgerissen worden.

Schwepnitz war jahrhunderte lang ein verträumtes, abgeschiedenes Heidedorf mit reichen Wäldern und mageren Feldern, und die Geschichtsschreiber hielten damals nur unglückliche Ereignisse für erwähnenswert.

Der 30jährige Krieg brachte viel Elend und Not, und auch das erste Kirchbuch mit wichtigen Aufzeichnungen ist zum Ende dieses Krieges vernichtet worden.

Um 1680 brach die Pest aus. Viele Einwohner sind dahingesiecht. Oft konnte man im Kirchenbuch lesen: „In der Hütte gestorben" (Pesthütte).
1726 lagen 30 Personen auf einmal krank in der Parochie, und aus Königsbrück mussten Medikamente überführt werden.

Eine große Hungersnot suchte den Ort 1770 heim.
Viele Todesopfer waren damals aufgrund der großen Dürre und Missernten zu beklagen.
Die harten Winter 1781 und 1785 forderten ebenfalls Opfer. Und nicht unverschont blieb unser Ort von Raub und Plünderung durch die napoleonischen Kriegerscharen.


Durch die Ansiedlung der Glasindustrie durch die Brüder Klahn aus Bernsdorf im Jahre 1865 wurde unser bis dahin unbekanntes Heidedorf aus seiner Verträumtheit gerissen.

Im Mai 1872 kaufte die Witwe von August Leonhardi, alleinige Inhaberin der Tintenfabrik in Dresden-Loschwitz, die Glashütte und begann mit der Produktion von Tintenflaschen. Der Betrieb entwickelte sich schnell zu einem für damalige Verhältnisse größeren Betrieb.
Die Landwirtschaft verlor an Bedeutung, und es entwickelte sich eine starke Arbeiterschaft.

Wie die Glasindustrie das Ortsbild und das Leben im Ort beeinflusst hat, schildert Hugo Möhler in seinen Aufzeichnungen:

„ Um den von außerhalb zugezogenen Arbeitskräften Wohnmöglichkeiten zu bieten, ließ die Witwe des ehemaligen Besitzers August Leonhardi 1873 das mittlere Familienhaus auf der Hüttenstraße bauen. 1881 wurde dann rechts und links je ein Flügel angebaut. Um sich einen Stamm sesshafter Arbeiter zu halten, gab die Werkleitung denjenigen Arbeitern Darlehen für einen Hausbau, die willens waren, in Schwepnitz zu bleiben."

 

Auf diese Weise sind in Schwepnitz zahlreiche Wohnhäuser entstanden, z. B. an der Ruhlander Straße und an der Gustav-Sommer-Straße.
So ist es also nicht verwunderlich, dass die Einwohnerzahl bis 1900 auf ca.
1300 angestiegen war, von denen die meisten im Glaswerk Lohn und Brot fanden.
Das Glaswerk hatte damals ständig 350 Arbeiter beschäftigt, bei drei technischen und acht kaufmännischen Angestellten und dem Direktor.

In besagter Chronik ist weiter zu lesen:

„Um bei Todesfällen die Hinterbliebenen finanziell zu unterstützen und den Altersrentnern unter gewissen Voraussetzungen ihre Rente etwas aufbessern zu können, wurde auf Veranlassung Eduard Leonhardis, der 1875 Besitzer der Glashütte wurde, 1901 eine Pensions-, Witwen- und Waisenkasse eingerichtet, zu der ausschließlich der Betrieb die Beiträge zahlte. Leider hat die Inflation 1923 die Einlagen zunichte gemacht.

Schon vor 1883 hatte die Firma für gegenseitige Hilfe in Krankheitsfällen eine Kasse. Als 1883 die Krankenversicherungsordnung eingeführt wurde, entstanden die Betriebskrankenkasse der Firma August Leonhardi, deren Leistungen günstiger als die der Ortskrankenkasse waren."

Daß das dörfliche Leben im Ort hauptsächlich von den Glasmachern bestimmt wurde, ist wohl nicht verwunderlich. Einer kannte den anderen, und bis auf ein paar Ausnahmen glaubte niemand, besser zu sein als der andere.

Die gesamte Dorfbevölkerung war wie eine große Familie.

Große Verdienste erwarb sich dabei der 1877 gegründete Turnverein, in dem vom Werkdirektor bis zum Einträger alle Bevölkerungsschichten vertreten waren.
Er war sozusagen der „Kulturverein" von Schwepnitz, der sich für geselliges Beisammensein, Tanz- und Theaterveranstaltungen, Wanderungen und Ausflüge, Turnfeste usw. einsetzte.

Durch den ständigen Zuzug von Glasmachern entwickelten sich auch zwangsläufig die verschiedensten Berufszweige des Handwerkes.

So siedelten sich hier Tischler, Schlosser, Schneider, Sattler, Bäcker, Fleischer, Schuhmacher, Drogisten, Stellmacher, Maler, Gärtner, Ofensetzer, Installateure, Friseure, Fotografen, Buchhändler, Gastwirte, Lebensmittelhändler und viele mehr an, des weiteren Ärzte und Zahnärzte.

Drei Ziegeleien, eine Zementwarenfabrik, eine Zigarrenfabrik, zwei Sägewerke, eine Dachpappenfabrik, eine Seifenfabrik, eine Maschinenfabrik und die Glasindustrie waren in den Jahrzehnten vor dem 2. Weltkrieg hier ansässig.

1932 pachtete der aus Ottendorf-Okrilla stammende Glasfachmann Horst Walther einen Schmelzofen in der „Klosterhütte" der Firma August Leonhardi.
Weil das Geschäft gut lief. kaufte Walther am 17. 04.1932 die Klosterhütte mit dem dazugehörigen Grundstück einschließlich Einbindestube und Zimmerei.
So entstand die zweite Glasfabrik, in der hauptsächlich veredeltes Wirtschaftsglas hergestellt wurde.

Der 2. Weltkrieg hat in Schwepnitz tiefe Wunden hinterlassen.
Nur fünf Häuser hatten die Kämpfe vom April 1945 unbeschadet überstanden, 56 Ruinen und 123 zum Teil sehr stark beschädigte Gebäude, eine zerstörte Kirche und eine ausgebrannte Pfarre waren das traurige Ergebnis.
Wie viele Schwepnitzer Männer auf den Schlachtfeldern des 2. Weltkrieges ihr Leben lassen mussten, wie viel menschliche Opfer die Kriegsereignisse im April und Mai 1945 im Ort und die Nachkriegszeit in Schwepnitz gefordert haben, ist bis heute noch nicht erfasst.

Unmittelbar nach Kriegsende, vom August bis November 1945 grassierte in Schwepnitz eine Typhusepidemie, bei der 154 Einwohner erkrankt waren und die 16 Todesopfer forderte.

Mit viel Elan gingen auch die Schwepnitzer Bürger daran, das Leben neu zu gestalten. 1946 nahmen die Glasfabriken die Vollbeschäftigung wieder auf, und in der Folgezeit begann sich das Leben wieder zu normalisieren.

20 Bauern bewirtschafteten die Äcker und Wiesen am Ort. Die Handwerker bauten ihre Betriebe wieder auf, und Herbert Johne gründete 1947 einen Baubetrieb.
Die beiden Glasfabriken entwickelten sich recht schnell zu bedeutenden Industriebetrieben, aber die Privatindustrie diesen Umfangs passte sehr bald nicht in das Schema des angestrebten Sozialismus.

Aufgrund der Schwierigkeiten, die ihm von Staats wegen gemacht wurden, verließ Horst Walther sehr bald Schwepnitz und gründete in Bad Driburg-Siebenstern eine neue Glasfabrik.
Etliche Schwepnitzer, vor allem Facharbeiter aus der Glasfabrik, folgten ihm nach.
Am 08. 08.1951 wurde das Glaswerk Horst Walther in den ersten VEB des Ortes umgewandelt.
Das Glaswerk Leonhardi wurde als Kommanditgesellschaft geführt, bis es dann am 01. 05.1972 dem VEB angegliedert wurde.
Gemeinsam wurden sie zum größten Industriebetrieb des Landkreises Kamenz.
Betriebsteile bestanden in Kamenz, Ottendorf-Okrilla und Radeberg.

Anfang der 60er Jahre erfolgte auch in Schwepnitz die Kollektivierung der Landwirtschaft. Es entstanden eine LPG Typ I und eine LPG Typ III, die jedoch bald wieder verschwanden. Ihre Mitglieder, die Ländereien und der Tierbestand wurden landwirtschaftlichen Betrieben der umliegenden Orte zugeordnet.

1960 begann der Bau des Staatsreservelagers, in der Bevölkerung noch bis in die heutige Zeit als Materiallager bezeichnet. Nicht verwunderlich, dass durch die gewerbliche Entwicklung die Einwohnerzahl von Schwepnitz stieg. Bereits 1953 wurde der Kindergarten eröffnet und 1958 folgte eine Kinderkrippe.
In den 60er Jahren begann der Bau der Eigenheime am Kiefernweg, in der Oststraße, in der Straße der Jugend und am Amselweg, aber entsprechend der damaligen Wohnungspolitik begann man auch mit dem Bau von Wohnblocks für Mietwohnungen.

1972 entstand der erste Wohnblock am Brackenweg, dem dann im Verlauf der 70er Jahre noch drei weitere folgten. Auch an der Dresdner Straße entstanden für das Staatsreservelager Wohnungen.

Die Geburtenzahlen stiegen weiter und die Wohnungsprobleme wurden akuter. Deshalb wurden in der ersten Hälfte der 80er Jahre weiter 100 Wohnungen in zwei Wohnblocks am Brackenweg gebaut, so dass mittlerweile ein Drittel aller Schwepnitzer am Brackenweg wohnt.

Die politischen Veränderungen in der DDR im Herbst 1989 gingen selbstverständlich auch an Schwepnitz nicht vorüber. Im Oktober 1989 bildete sich eine Bürgerinitiative, die auch in Schwepnitz die Abkehr vom real existierenden Sozialismus vorbereitete.

Im Mai 1990 fanden die ersten demokratischen Kommunalwahlen nach über 60 Jahren statt.

Der Übergang von der sozialistischen Planwirtschaft in die Marktwirtschaft hinterließ jedoch auch seine Spuren in Schwepnitz.
1991 waren 300 Bürger arbeitslos, die gleiche Anzahl, wie während der Weltwirtschaftskrise Ende der 20er Jahre.
Der Aufschwung der Industrie und somit die Schaffung neuer Arbeitsplätze begann nur sehr schleppend und auch während der Tage des Jubiläums ist noch kein befriedigender Stand erreicht worden.
Aber die Grundlagen wurden gelegt, beim nächsten Ortsjubiläum wird über die Ergebnisse zu berichten sein.

Unter Verwendung der Broschüre "650 Jahre Schwepnitz i.Sa."

Gemeindeamt um 1928
Gemeindeamt um 1928
Postkarte um 1908
Postkarte um 1908
Postkarte um 1935
Postkarte um 1935
Waldheimat
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