Die König-Albert-Eiche

Die Sächsische Zeitung widmete König Albert, der von 1873 bis 1902 in Sachsen regiert hat, im Jahre 2002 eine ausführliche Artikelserie.
Sie würdigte darin die Verdienste, die sich dieser König gerade in der so genannten Gründerzeit um die Entwicklung von Sachsen erworben hat.
Dass diese bereits zu seinen Lebzeiten große Anerkennung gefunden haben, beweist noch heute unter anderem die König-Albert-Eiche in Schwepnitz, die zwar als solche kaum noch bekannt ist, aber nunmehr seit über 100 Jahren ihren Platz hat.

Im Jahre 1898 befasst sich der Gemeinderat Schwepnitz mit den Feierlichkeiten zum 70. Geburtstag und zum 25-jährigen Regierungsjubiläum des Königs und beschließt , den König dadurch zu ehren, dass auf Gemeindekosten eine Königsbüste angeschafft und der Schule geschenkt wird, sie den Vereinen aber zu besonderen Festlichkeiten "zum Gebrauch freundlichst zu leihen" ist.
Ob es zur Anschaffung einer Büste gekommen ist, geht aus den Unterlagen nicht hervor.
Weiterhin fordert der Gemeinderat die Einwohner auf, zum 23. April die Häuser zu schmücken.
Bei Einbruch der Dunkelheit sollen die Häuser illuminiert werden, wozu der Turnermusikchor einen Zapfenstreich ausführen wird.
Die von Herrn Pfarrer Fröhlich angeregte Stiftung einer Gemeindediakonie anlässlich der Jubelfeier wird von dem Gemeinderate ebenfalls befürwortet.

Aber damit sind die Jubiläen noch nicht genügend gewürdigt.
Zwei Wochen später, am 20. April, tritt der Gemeinderat erneut zusammen.

Im Protokoll ist zu lesen:
"Der Vorsitzende verliest die Einladung seitens des Herrn Pfarrer zu den am 22. Ap. Abends 8 Uhr stattfindenden Familienabend.
Hierzu gibt der Vors. noch die anderweitigen geplanten Festlichkeiten bekannt.
Freitags abends Familienabend. Schmückung der Häuser.
Sonnabends vorm. 9 Uhr Schulaktus. Abends Illumination u. Zapfenstreich. Sonntags vorm. ¾ 9 Uhr Antritt zur Kirchenparade.
Der Vors. fordert die Gemeinderatsmitglieder auf, sich vollzählig bei den Feierlichkeiten zu beteiligen.
Der Ortsverein gedenkt am Sonntag, den 24. Ap., eine Jubiläumseiche zu pflanzen.
Die Sitzung beschließt, zu diesem Zwecke dem Ortsverein einen Platz am Otterschützer Wege auf dem Gemeindegrundstück zu überlassen. Nachmittags 2 Uhr findet Kindergottesdienst mit daranschließender Unterhaltung und Speisung der Kinder im Krügerschen Gasthofe statt."

Zu ergänzen ist noch, dass Gemeindevorstand Sommer und die Gemeinderäte Möbius und Rastig in der Sitzung am 6. August die Urkunde der König-Albert-Stiftung im Bezirk Kamenz unterschreiben.
Über die Bedeutung dieser Sache ist weiter nichts vermerkt.

Die Eiche wird am 24. April 1898 an der Ecke Bahnhofstraße/Dresdner Straße gepflanzt, aber in den ersten Jahren gedeiht der Baum nicht recht.
Deshalb beschließt der Ortsverein zwei Monate später, die Verpflegung der Königseiche zu übernehmen, ebenso die des Eisenbahndenksteindreiecks (eine Anlage, die heute noch existiert und der Einweihung der Eisenbahnstrecke Königsbrück - Schwepnitz gewidmet war).

Aber irgendwie klappt die Sache immer noch nicht.
Am 23. Januar 1901 wird Herr Neugebauer beauftragt, sich wieder diesbezüglich schriftlich an den Gemeinderat zu wenden.
Ob das geschehen ist oder ob die Sache erfolglos blieb, ist nicht bekannt, wohl aber, dass der Ortsverein in einem Schreiben seines Vorsitzenden Emil Lochmann vom 30. Juli 1901 an den Gemeinderat schreibt:

"Ferner bittet der Ortsverein höflichst, der Gemeinderath wolle die in beklagenswerthem Zustande sich befindende König-Albert-Eiche entfernen und womöglich durch Neuanpflanzung einer solchen ersetzen lassen, denn in dem gegenwärtigen Zustande ist dieser Baum nichts weniger als eine Zierde für den Ort."

Der Gemeinderat folgt diesem Vorschlag und ein neuer Baum wird im Herbst 1901 gepflanzt.
Aber dieser bleibt zunächst wiederum ein Sorgenkind, und der Ortsverein legt am 28. September 1905 fest:

"Um die König-Albert-Eiche in einen würdigeren Zustand zu bringen, wird beschlossen, dem Eisenbahnarbeiter Richter zugleich mit der Wartung des Denksteindreiecks auch die der Eiche zu übertragen u. die bisher gewährte Entschädigung von 3 auf 4 Mark zu erhöhen."

Und danach scheint die Eiche zu wachsen und zu gedeihen, denn noch heute steht sie stolz an der Ecke Bahnhofstraße/Dresdner Straße.

Nach einer Erfassung von Dr. Fritz Fiedler im Jahre 1996 handelt es sich um eine Stieleiche, Quercus robur L.
Der Stammumfang beträgt 2,45 m, die Höhe 18 m. Der Baum ist breitkronig.

Seit vielen Jahren stehen in ihrem Schatten eine Litfasssäule und einige Bänke, die zum Ruhen einladen.

Und nicht nur die Einwohner, sondern alle, die auf der B97 unseren Ort durchqueren, erfreuen sich an ihrer Schönheit und würdigen Erhabenheit, ohne zu wissen, aus welchem Anlass sie wann gepflanzt wurde und mit welchen Schwierigkeiten sie ihre Größe erreicht hat.

Lothar Helmert, Bürgermeister i.R.

 

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